Vor 25 Jahren befand sich die Landwirtschaft – ähnlich wie heute – in einem bedeutenden Wandlungs- und Anpassungsprozess. Die Landwirtschaftsbranche stand vor der Herausforderung, die Agrarreform umzusetzen: Die Direktzahlungen wurden eng mit dem ökologischen Leistungsnachweis verbunden und die Verantwortung für Produktion, Verarbeitung und Verkauf von nachhaltig produzierten Produkten sollte in Zukunft möglichst vollumfänglich bei den Direktbeteiligten, den Vertreterinnen und Vertreter der gesamten Wertschöpfungskette, liegen.

Blick zurück
«Fragen der Herkunft wurden wichtiger und die Wertefrage, die Tatsache also, dass beim Einkauf nicht nur die Qualität unserer Erzeugnisse im Vordergrund steht, sondern auch Themen wie Tierwohl Transportwege, Kulturland, Böden, Nachhaltigkeit und Gentech», erinnert sich Jürg Schletti, der erste Präsident von AMS. Die ganze Landwirtschaftsbranche habe sehr viel mehr Eigenverantwortung übernehmen müssen und erkannt, dass sie sich zusammentun muss, um mehr zu erreichen, ergänzt Urs Schneider, der aktuelle Präsident von AMS. So erfolgte im Jahr 1997 die Gründung von AMS.
Hinter der Gründung stehe die Erkenntnis, dass die Landwirtschaft das Marketing nicht dem Staat überlassen dürfe, sondern nahe bei den Konsumentinnen und Konsumenten sei und sie von der Einzigartigkeit von Lebensmitteln aus der Schweiz überzeugen müsse. Es sei heute eine grosse Errungenschaft, dass es damals gelungen sei, Produzentinnen und Produzenten von Käse, Milch, Fleisch, Früchten, Gemüse, Kartoffeln bis hin zu Pilzen oder auch Honig unter einer gemeinsamen Organisation zu vereinen, wo das gemeinsame Ziel verfolgt werde, den Absatz von einheimischen Produkten zu fördern: «Das war visionär und zukunftsgerichtet und gleichzeitig der damaligen Situation und Herausforderungen entsprechend», meint Urs Schneider.

Die inneren Werte entdeckt
Über die letzten 25 Jahre sei es AMS gelungen, eine breite Akzeptanz und eine Marke mit Wiedererkennungswert zu schaffen, ist Jürg Schletti überzeugt. «Heute sind die Garantiemarke ‹Suisse Garantie› und der Slogan ‹Auf die inneren Werte kommt es an› weitverbreitet – zuerst musste aber innerhalb der Branche eine gemeinsame Sichtweise dafür entwickelt werden und dann mussten die Verarbeiterinnen und Verarbeiter sowie der Detailhandel für die Idee gewonnen werden», erklärt er.

In den Bereichen Gemüse, Früchte und Kartoffeln würden heute über 80 Prozent der einheimischen Produktion über Suisse Garantie vermarktet und aktuell seien über 1’300 Betriebe verschiedener Verarbeitungsstufen im Besitz einer Benutzungsberechtigung für Suisse Garantie, illustriert Urs Schneider den Erfolg der Marke und fügt an: «Suisse Garantie leistet einen wichtigen Beitrag dazu, die Bevölkerung zu überzeugen, dass es sich lohnt, einheimische Produkte zu bevorzugen und dafür auch einen angemessenen Preis zu bezahlen.»

Herausforderungen lassen nicht nach
Und tatsächlich sei es so, dass der ganz grosse Teil der Konsumentinnen und Konsumenten auch auf die Schweizer Herkunft achte, sagt Ur Schneider. «Damit dürften wir uns eigentlich zufriedengeben und gleichzeitig dürfen wir nie zufrieden sein und müssen stetig dranbleiben, damit dies unbedingt so bleibt oder sogar noch besser wird», ergänzt er. Die Grenzen seien nun einmal relativ offen und es gebe immer wieder neue Bestrebungen für neue Freihandelsverträge.
«Wir sind nicht isoliert und werden entsprechend auch durch ausländische Produkte konkurrenziert – hier ist die grosse Herausforderung, dass wir uns mit unserer Qualität weiterhin so gut differenzieren können, dass der Konsument fast ein bisschen ein schlechtes Gewissen hat, wenn er nicht Schweizer Produkte kauft», erklärt Urs Schneider. Immerhin sei die Bevölkerung in der Schweiz privilegiert genug, dass sich eine grosse Mehrheit angemessene Preise für die hiesigen Produkte sehr gut leisten könne.

Qualität ist keine Selbstverständlichkeit
«Für viele ist diese Schweizer Qualität selbstverständlich – aber das ist sie nicht», meint Urs Schneider. Es gelte darum unbedingt, den Qualitätsvorsprung und die Differenzierung von Schweizer Produkten zu verteidigen und vor allem noch besser zu vermitteln und bewusster zu machen. «Wer beispielsweise einen Cervelat kauft, kauft so viel mehr als nur einen Cervelat», führt er aus. Es stecke viel mehr dahinter: Unter anderem die rund 150’000 Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und noch einmal so viele in den vor- und nachgelagerten Bereichen. Wer also Schweizer Produkte kaufe, kaufe nicht nur die Qualität, sondern eben auch innere Werte und sorge zuletzt vielleicht dafür, dass es im Dorf noch einen Metzger oder eine Bäckerei gebe.

Fit für die Zukunft?
Damit dieser Vorsprung insbesondere gegenüber ausländischen Produkten erhalten bleibe, brauche es unter anderem auch eine Weiterentwicklung der Mehrwerte. «Hier denken wir zum Beispiel an das Thema Kreislaufwirtschaft, diskutieren Innovationen bei den Verpackungen von Lebensmitteln oder soziale Standards bei den Arbeitsbedingungen», sagt Urs Schneider. Daneben müsse AMS den eingeschlagenen Weg weitergehen und darauf hinarbeiten, dass in den verschiedenen Produktionssegmenten noch höhere Anteile mit Suisse Garantie – auch komplementär zu bestehenden Produkte- oder Herkunftslabels – ausgezeichnet würden.
«Im Gründungsjahr 1997 war der Klimawandel kein Thema und es standen ganz andere Fragen im Vordergrund, wie zum Beispiel die Qualität unserer Produkte, Genuss und Fragen von Gesundheit und Wohlbefinden», ergänzt Jürg Schletti. Dies habe sich im Laufe der Jahre gewandelt. Heute nehme die Bedeutung von Themen wie faire Preise für die Landwirtinnen und Landwirte, die steigende Qualität von Importen, Gentech, gesunde Böden und die Qualität unseres Wassers, Tierwohl, Transportwege, der Klimawandel zu. Dazu komme der Wandel bei den Bedürfnissen der Konsumentinnen und Konsumenten und den Essgewohnheiten – zum Beispiel, was die Substitution von Fleisch mit Fleischersatzprodukten anbelange, meint Jürg Schletti. «Da tut sich einiges und das sind grosse Fragen für die einzelnen Branchen, bei denen AMS Impulse und Orientierung geben kann.»